ÜBER
Mit meinMUSEUM macht sich Philip seit 2022 zur Aufgabe, seine Kunst mit Organisationen und im privaten Raum mit zu teilen. Es entstehen Orte der Musen und damit eine neue Art der Kunstvermittlung. Den ersten Prototypen seiner Kunstvermietung startete er in Schweden, wo er mit einer Organisation für Menschen mit Assistenzbedarf ein sinnvolles Mietverhältnis erarbeitete. Die dort gesammelte Erfahrung macht er nun mit meinMUSEUM für unterschiedlichste Mieterinnen und Mieter nutzbar.
Ausschlaggebend für das Projekt meinMUSEUM waren die Lehrjahre bei dem amerikanischen Lichtkünstler James Turrell, der ihm riet keine Ausstellungen mit Galerien zu machen: „Don’t do the galleries. They won’t leave you free!“ Turrell schlug vor, vorerst nur Museumsausstellungen zu machen und stellte für Stoll Kontakte zu wichtigen europäischen Ausstellungshäusern her: MMK Frankfurt, MAK Wien, Kunsthalle Bremen, K21 Düsseldorf, Gemeente Museum Den Haag, Moderna Museet Stockholm etc. „Do the museums first“. Philip erkannte durch Turrell, dass Museen, ihrer inneren Intention nach, ganz für die Kunst gemacht sind und sich nicht vorrangig am Kunstmarkt orientieren. Sie sind Räume für die Muse, nicht für den Verkauf. So entstand die Auseinandersetzung mit der Bedeutung unterschiedlicher Räume des Kunstmarktes. Sein erstes Gallerieengagement mit der Galerie ArtLantis gab er 2016 deshalb noch während der Ausstellungszeit auf, denn es ging in der Arbeit der Galeristin für ihn zu viel um die Vermarktung. Kunst sollte nicht sinnlos verkauft werden, sondern in einem Raum der intentionalen Betrachtung erlebt werden. Es sollte um das Werk selbst gehen und zwar in einer intimen Beziehung zwischen Kunst und Betrachter. Das passiert intensiv, wenn Räume des Alltags zu Räumen der Musen werden. Die Kunstleihe meinMUSEUM war geboren…
ÜBER DEN KÜNSTLER
PHILIP STOLL, *1988, Dachau. Lebt und arbeitet in Witten/Bochum
Stoll ist bildender Künstler. Er arbeitet mit den Themen Aufmerksamkeit und Potentialsentfaltung. Seit 15 Jahren erforscht er mit seiner meditativen Gehpraxis die Qualitäten von Orten in Europa, Russland, Nordamerika und Ostafrika. Seine Arbeit abstrahiert die visuelle Realität, löst sie auf und macht das Sichtbare unsichtbar, um das Unsichtbare sichtbar zu machen. Mit seinen langen fotographischen Belichtungen (4 Sekunden, Blende 11) lässt er ortsspezifisches Licht auf fotographischem Film Spuren formulieren, um so die Qualitäten von Orten zu erforschen. Seine fotographischen Arbeiten wurden international in Galerien und Sammlungen wie dem Kulturhaus Järna, der Kunststation Sankt Peter, der Galerie ArtLantis und der Fröhlich Collection etc. ausgestellt. Neben seiner bildnerischen Arbeit erkundet er seit 2018 als sozial-künstlerischer Moderator und Prozessgestalter die Potentiale ökologischer Stadtentwicklungsprojekte mit den Städten Mannheim, Witten, Wuppertal und Bad Sobernheim. Prozessgestaltung und Moderation zur Potentialsentfaltung sind ein integraler Bestandteil seiner Arbeit. In Bochum gründete er 2021 in Zusammenarbeit mit der fakt21 Kulturgemeinschaft gGmbH das Netzwerk „Ökologie des Bewusstseins“ zur Erweiterung des Ökologiebegriffs und zur Initiierung sozial-ökologischer Regenerierungsprojekte in Deutschland, dessen Arbeit durch die Stiftung für Umwelt und Entwicklung NRW gefördert wurde.
REFERENZEN
"Stolls Bilder sind in ihrer Abstraktion eine Form der Dekonstruktion äußerer Wahrnehmung..." (Dr. Stephan Kessler SJ)
Hier bewegt sich der Künstler im großen Strom der Gegenwartskunst – von Piet Mondrian („Um eine Harmonie zu erzielen, sollte die Kunst sich nicht nach der äußeren Erscheinung der Natur, sondern nach deren Wesen richten“ 1941/42) bis hin zu den Lichträumen seines Mentors James Turrell. Die photographischen Gemälde eröffnen einen lichten Innenraum und führen zu einer Erkenntnisform, die in der Auflösung des Gegenständlichen Neues aufscheinen lässt. Das Leuchten des Lichtes selbst wird auf sinnliche Weise in einem „Anders-Raum“ erfahrbar („Espace autre“; Michel Foucault). (…) Seine Belichtungen machen das Sichtbare unsichtbar, damit die unsichtbare Wirklichkeit sichtbar, fühlbar wird.
"Philip Stoll works with the processes of perception and awareness..." (Sampsa Pirtola)
His artistic career started with in depth studies of land art, that of Richard Long and Andy Goldsworthy in particular. Many of these artists’ process pieces are not accessible for the audience except through documentation – usually photographic. Similarly, while Stoll does not describe himself as a photographer, his work is most of the time only documented visually by photographs. His visual language is related to the history of painting and yet his work is more conceptual and process-oriented than the first glance would suggest. While viewing Stoll´s work, artists like Turner, Aivazovsky, the Impressionists, Rothko and Richter, with his photorealistic ”blur” paintings, come to mind. Where Richter makes a conscious, multilayered statement about aesthetics with his early work, for Stoll, the same blur effect in parts of his work, is the natural result of his method. The outer appearance of Stoll´s images are not the result of an intentionally created visual effect but of inner and outer processes: it is what is seen from the very moment of awareness, when the artist is at one with his object through his perception. Stoll´s inner awareness in relation to his outer surroundings aligns and in this activity he exposes film without looking through the lens while shooting the image. Al- most as a piece of performance art (without a live audience) he walks and holds the camera just below his heart while shooting. (…) Experiencing Stoll´s work in depth changes the way we perceive the surrounding world.
"Licht ist gegeben, es lebt im Raum: Tageslicht, das sich, durch die Fenster fallend, im Inneren widerspiegelt..." (Dr. Wulf Herzogenrath)
Ein Künstler sucht, dieses Raum-Licht zu erfassen, mit fotografischen Mitteln und mit einer selbst-gesetzten, auf Erfahrung aufbauenden Struktur und Technik: Der analoge Fotoapparat wird bei Blende 11 und vier Sekunden Belichtungszeit während des Gehens vom Künstler vor dem Bauch, in seinem Körperzentrum, gehalten. Licht fällt auf den leeren Film. (…) Am Ende wird der Betrachter auf sich selbst und seine eigenen Wahrnehmungs-Möglichkeiten zurückgeworfen. Analoge Fotografie beschreibt zwar die Wirklichkeit vor dem Objektiv – aber es ist doch immer eine eigene Welt, die in Stolls Arbeiten sichtbar wird und an die sich der Künstler mit seiner Wahrnehmung genauso öffnend herangearbeitet hat wie es nunmehr der einzelne Betrachter, sich ebenfalls öffnend, gegenüber den fotografischen Bildwerken machen muss.
"Bei zum Teil mehrmonatigen Aufenthalten in Schweden, den USA und der Schweiz entstanden umfangreiche Bildserien..." (Dr. Guido Schlimbach)
Der aus Mannheim stammende (Künstler) bezeichnet sich selbst als künstlerischen und sozialen Entrepreneur. Nach einem mehr- jährigen selbst organisierten und entwickelten Studium und einem photographischen Mentorat von Ernst Kubitza wurde er in seiner weiteren Entwicklung wesentlich von James Turell, Eje Kaufeldt und Nicanor Perlas beeinflusst. Bei zum Teil mehrmonatigen Aufenthalten in Schweden, den USA und der Schweiz entstanden umfangreiche Bildserien. Gegenstand des Künstlers ist der jeweilige Ort, den er prozesshaft und gewöhnlich über einen längeren Zeitraum in den Blick nimmt. (…) Auf diese Weise entstehen Fotografien großer Intensität und Aussagekraft, abstrakte Lichtbilder, welche die »Seele« des Orts widerspiegeln. Philip Stolls Kunst nimmt das Faktische in den Blick, sie weitet aber auch unsere Sinne für das Potentielle.
"Seine Arbeit entwickelt er sowohl in der bloßen Begegnung mit der Natur, als auch im Gespräch mit Menschen und in kultur-ökologischen Projekten wie etwa in Mannheim und Witten..." (Jannis M. Keuerleber)
Philip Stoll ist kein Photograph. Kein Musiker. Kein Performance- oder Sozialkünstler. Seine Kunst, die sich der Photographie, der Musik, performativer, happeningartiger Aktionen, des Gesprächs und der Begegnung bedient, findet im Kern in einem feineren Medium statt: der menschlichen Aufmerksamkeit. Seine Arbeit entwickelt er sowohl in der bloßen Begegnung mit der Natur, als auch im Gespräch mit Menschen, durch Begegnungsarbeit in Ruanda, bei internationalen Konferenzen zum Thema Global Social Witnessing und kultur-ökologischen Projekten wie etwa in Mannheim und Witten. So zeichnet sich eine innere Verbindung so verschiedener Praktiken ab, in die sich der Künstler hineingibt: Da sein, ohne Termin und Aufgabe. Schweigen im Gespräch. Musik für den leeren Raum spielen. Bewusstsein zeichnen. Putzen ohne Dreck und ohne Lohn – um das Wesentliche freizulegen. Gehen ohne Ziel. Photographieren ohne Sucher, ohne Klick.
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