Klima.machen?!

Wuppertal ist im Klimanotstand. Der Künstler Philip Stoll ist eingeladen, sich im Rahmen des Und.Jetzt! Stipendiums, mit den Potentialen der künstlerischen Klimagestaltung in Wuppertal zu beschäftigen. Das Projekt Klima.machen?! ist eine Gesprächseinladung und ein interaktives Video- und Live-Projekt am Wuppertal Institut, in Zusammenarbeit mit „und.jetzt!

Hier geht es zu den Gesprächen zu Klima.machen?! auf YouTube

Mich brennt die Frage, wie wir in Resonnanz mit unserer lebendigen Mitwelt ein gesundes Klima machen können. Wir sind im Klimanotstand und deshalb drängend gefragt unsere Zukunftsfähigkeiten zu mobilisieren und all unsere Aufmerksamkeit, Feinfühligkeit und Kreativität der Erde entgegenzubringen.

Videoarbeit auf drei Monitoren, je 70×120, versch. Filme im Loop à 5 min., 2023, Installationsansicht

Videoarbeit auf drei Monitoren, je 70×120, versch. Filme im Loop à 5 min., 2023, Installationsansicht

Videoarbeit auf drei Monitoren, je 70×120, versch. Filme im Loop à 5 min., 2023, Installationsansicht

Pressebericht, des Wuppertal Instituts

Wie können wir Kultur, Stadt und Landschaft so gestalten, dass sie ein gesundes Klima hervorbringen? Diese Frage diskutieren der Künstler Philip Stoll und seine Gesprächspartner*innen in der Videoreihe „Klima.machen?!“. Herausgekommen sind 13 Videos, die neue Perspektiven auf die Frage eröffnen, wie Klima als Resonanzphänomen zwischen den Menschen und ihrer lebendigen Mitwelt wirkt. Die Dialoge geben intime Einsichten in die Klima-Gestaltung in Wuppertal und machen die globale Herausforderung als kreative und interdisziplinäre Zukunftsaufgabe mit positiven Nebeneffekten für alle erlebbar, statt als rein technisch-wissenschaftliches und politisches Problem mit Grad-Celsius-Zielen.

„Wir sind im Klimanotstand und deshalb dringend gefragt, unsere Zukunftsfähigkeiten zu mobilisieren und all unsere Aufmerksamkeit, Feinfühligkeit und Kreativität der Erde entgegenzubringen“, erläutert der Künstler. Für ihn stellt sich dabei insbesondere die Frage: „Wie können wir unsere Landschaften ökologisch und künstlerisch-interdisziplinär so gestalten, dass sie aus sich selbst heraus – aus der Kraft des Lebens – ein gesundes Klima hervorbringen, Nebel bilden, Wolken formen, dass Regen fällt? Dass mit und für all unsere Mitkreaturen ein vielfältiger Lebensraum, eine lebendige Atmosphäre entsteht?“

Philip Stoll war für sein Projekt im Rahmen des Und.Jetzt!-Stipendiums in der „Zukunftsküche“ des Wuppertal Instituts zu Gast. Dort sprach er mit verschiedenen Akteuren, unter anderem mit Forschenden und Mitarbeitenden des Wuppertal Instituts, über die Frage: „Wie erlebst Du die Herausforderung der Mitgestaltung am großen Klima unserer Erde?“.

Die Videos geben persönliche Einblicke in die Versuche, Herausforderungen und Entdeckungen unterschiedlicher Akteur*innen: Die 13 Protagonist*innen aus Wissenschaft, Kunst, Politik, Aktivismus und Kultur zeigen offen und ehrlich, wie sie zur großen Klimafrage stehen, was sie bewegt, zurückhält und beflügelt: Teamwork, Kreativität, Wissenschaft, Geld, soziales Klima, Atmosphärengestaltung, Mobilität. Eine lohnende Gesprächs-Philharmonie, die Lust macht auf die Zukunft.

Mit dabei: Thomas Orbach, Abteilungsleiter für Information und Kommunikation am Wuppertal Institut, Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer am Wuppertal Insitut, Eva Eiling, Junior Researcherin für Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren im Forschungsbereich Innovationslabore am Wuppertal Institut, Matthias Wanner, Researcher und Doktorand für Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren im Forschungsbereich Innovationslabore am Wuppertal Institut, Christian Esch, Direktor des NRW Kultursekretariats, Bettina Milz, Koordinatorin und Leiterin des Neuaufbaus des Pina Bausch Zentrums Wuppertal, Carla Moschner, Tanzpädagogin, und Christoph Ebel, Gesang, Stimmentwicklung, Musik und Gesundheit, kreativer Protest, Christian Hiss, Gründer der Regionalwert AG sowie der Regionalwert Leistungen GmbH, Gunther Wölfges, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Wuppertal, Berthold Schneider, Intendant der Oper Wuppertal, Uta Atzpodien, Dramaturgin, Daniel Hoernemann alias Walbrodt, bildender Künstler und Performer, Uwe Schneidewind, Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal und ehemaliger wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts und Markus Hilkenbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wuppertaler Stadtwerke.

(Quelle: https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/8177)

Die Kunst das Klima zu gestalten, das fortlaufende Projekt

Das Klima erlebe ich als einen Resonanzraum. Die Kunst gestaltet Resonanzräume und so kann künstlerisches Arbeiten einen Beitrag leisten zur Klimafrage (!?). Mit dem Projekt Klima.machen?! beobachte ich Klima-Resonanzphänomene im Raum Wuppertal, um damit meine Ideen zu „Klima.machen?!“ künstlerisch zu vertiefen. Ich möchte sie für den Wuppertaler Klimanotstand konkreter verstehen und befragen.

Im Hinblick auf den Klimanotstand nehme ich die Phänomene von Trockenheit und Überschwemmung der Region besonders ins Auge. Dabei soll mir das Wasser der Region den Weg weisen, dem ich folge, um Klimaphänomene zu erkunden. Mich bewegt zugleich, was im Kontext der Und.Jetzt!-Aktivitäten in Wuppertal entsteht. Dabei sehe ich die folgenden Klimafragen als wertvolle Anknüpfungspunkte, die in der ZUKUNFTSKÜCHE in den Diskurs gebracht werden: Wie bedingen sich klimatische, ökologische und soziale Potentiale? Welche Prozesse der künstlerischen Praxis können Forschung, Wirtschaft und Politik zu neuen Lösungen (Handlungsperspektiven und Fragen) inspirieren?

Meine Praxis ist es, aufmerksam zu sein und zu gehen. Ich begehe also zur Erforschung des Klima.machens?! die Landschaften in und um Wuppertal. Ich schenke dabei den Bachläufen besondere Aufmerksamkeit. Ich vermute, dass das Wasser eine bedeutsame Rolle spielt, im sozial-ökologischen Klimaorganismus. So erhoffe ich anhand des Wassers (den Fließadern der Region) Informationen über die Lebendigkeit der Landschaften in und um Wuppertal zu entdecken und daraus Einsichten zu gewinnen, was diese Lebendigkeit potenziell für den Klimanotstand bedeutet. Deshalb folge ich den Wegen des Wassers von den Quellen der umliegenden Bachläufe zur Mündung in die Wupper. Ich gehe der Frage nach, wie die Ästhetik, Morphologie und ggf. Schönheit und Hässlichkeit der Landschaft mit der jeweilig aufzufindenden Lebendigkeit des Ortes zusammenhängen und wie sich in diesem Spannungsfeld das Klima ausbildet. An jedem Ort erforsche ich die Kleinklimata, die „Kleinatmosphären“ – die Stimmung, die Gerüche, den Austausch von Wasser mit der Luft, mit den Pflanzen, die Taubildung, die Klangräume, die Luftfeuchtigkeit, die Farbigkeit, den Austausch zwischen Mensch und Natur etc.

Mögliche Ergebnisse, ein laufender Prozess

Die dabei entstehenden Beobachtungen, Fragen und Einsichten dokumentiere und verarbeite ich mit unterschiedlichen Medien: photographisch, videographisch, zeichnerisch, performativ, musikalisch. Es entstehen groß-und kleinformatige Zeichnungen, photographische Arbeiten, Klang-Resonanz-Miniaturen, Klangaufnahmen, sowie Film-Miniaturen und Gehperformances.

Roter Faden für die Arbeit „Klima.machen?!“

Ich gehe seit 2005 an unterschiedlichsten Orten den Qualitäten und der Lebendigkeit von Öko-und Soziosystemen nach. Im Laufe der Jahre habe ich dafür verschiedene Techniken entwickelt, die mir dabei helfen, meine Aufmerksamkeit so zu bündeln, dass ich Orte mit anderen Augen und Sinnen wahrnehmen kann. Ich werde zum Resonanzraum und Resonanzinstrument, beginne Peripherie und Zentrum gleichzeitig wahrzunehmen. Meine Aufmerksamkeit begeht in Resonanz mit dem Ort eine Metamorphose, die ich – lauschend, lesend – zu verstehen versuche. Der Ort spricht zu mir. Diese Suche nach einer aufmerksamen und einfühlsamen Begegnung mit Orten, bedingt mein künstlerisches Arbeiten seit vielen Jahren.

In 2017 wurde mir durch meine langsamen Aufmerksamkeits-Walks erstmalig der Rückgang von Lebendigkeit und Biodiversität in Mannheim bewusst erlebbar. Der Ort, an dem ich am regelmäßigsten mein langsames Gehen praktiziert hatte, zeigte mir deutliche Veränderungen. Je intensiver und fragender ich jedoch meine Aufmerksamkeit auf ihn richtet, desto deutlicher und farbiger zeigte er auch sein Potential: das Leben strebt zur Gesundheit und Vielfalt und es könnten hier eine Oase des Lebendigen entstehen, würden wir dem Ort anders zuhören, würden wir ihn nach Prinzipien des Lebendigen, der Kunst und des Schönen pflegen. So entstand meine Arbeit „WaldparkOase Mannheim“. Seit dem Pflegen wir den Park gemeinschaftlich von Hand und begleitet von Aufmerksamkeitsübungen mit Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Mannheim. Die Veränderungen dokumentiere ich mit meiner fotographischen Geh-Technik (siehe: https://philipstoll.de/waldpark-oase).

Da meine künstlerische Arbeit neben meinen photographischen Licht-Arbeiten, seitdem auch ins Systemisch-Ökologische reicht, führe ich mir nun die globalen und lokalen Klimaverhältnisse vor Augen. Ich beobachte, dass sich Klima lokal verändern kann, je nachdem wie der Ort und der Sozialraum gestaltet und gepflegt ist. Kurz: ein lebendiges und ästhetisch schönes Ökosystem kühlt über Nacht ab. Es erreicht unsere Klimaziele! Wie kommen wir aber zur Gestaltung und zu den Fähigkeiten, lebendige Landschaften zu kreieren, das Potential der Natur lesen zu lernen?

Ich habe zu dieser Frage 2021 das Netzwerk „Ökologie des Bewusstseins“ gegründet (siehe: https://philipstoll.de/oekologie-des-bewusstseins). Im Jahr 2022 folgte dann die Gründung des Regenerations-Trainings für Wahrnehmung, Wasserrückhaltung und Biodiversität (siehe: https://fakt21.de/course/regenerations-training). Nun erforsche ich das Thema „Klima.machen: auf dem Weg zu einem künstlerisch-sensiblen Organic Climate-Sculpting“.

Gedanken zum Klima.machen?!

Klima als Resonnanz gestalten: eine neue Verantwortung im Anthropozän.

Wir sind als anthropozäne Erdenwesen maßgeblich Mitgestalter der heutigen Klimaphänomene. Wir sind also schon jetzt Klimamacher. Wie werden wir aber zu positiven Klimakünstlern? Wie schaffen wir Gesundung im Organismus der Atmosphären? Klimamachen ist hoch politisch: Wollen wir das Klima durch „Climate-Engeneering“ manipulieren lassen und Klimasymptome mit veralteten, erfahrungsgemäß lebensgefährdenden Techniken zu einem vergangenen Zustand zurückbringen? Oder wollen wir ökologisch und künstlerisch unsere Landschaften so gestalten, dass sie aus sich selbst heraus, aus der Kraft des Lebens, Nebel bilden, Wolken formen, dass Regen fällt und mit all unseren Mitkreaturen ein vielfältiger Kultur-Lebensraum entsteht? Spannenderweise scheint der Ansatz eines solchen Climate-Scultings ein periphärer zu sein: wir können nur die Bedingungen schaffen, dass der Ökoorganismus einer Region Regen einlädt, dass die Microorganismen im Boden zurückkommen und Taubildung und Feuchtigkeit in der Nacht entstehen lassen. Das Klima ist meiner Beobachtungen nach eine Atmosphäre, ein Möglichkeitsraum in dem sich die Phänomene des Lebendigen manifestieren können. Es kann nicht punktuell manipuliert werden, da keiner der Einzelheiten ohne die anderen „Mit-Heiten“ existieren möchte: Sind Insekten am Bach ist der Bach gesund – ist der Bach gesund, sind Insekten am Bach. Die Wüste regnet nicht, weil es trocken ist und es ist trocken, weil es nicht regnet. Wie bedingen sich Einzelheiten im Ganzen? Wie bedingt der Mensch die Landschaft? Ist Landwirtschaft Klimakunst?

Mein Mentor James Turrell gestaltet Räume mit Licht und zeigt damit auf wie wir Menschen sehen. Ich möchte jetzt aber die Atmosphäre, den Anderen Raum (Foucault) gestalten, den Nicht-Raum, das Potentielle, das Leben im Raum, nicht durch direkte, sondern indirekte Gestaltung entzünden, durch Bedingungen und Umkreis.

Dank:

Und.jetzt!

Links:

https://und-institut.de/de

https://fnwk.de/Themen/-undjetzt-Kunst-Kultur-Klimanotstand

https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/5219

https://www.youtube.com/channel/UCBqGwHQdFlO-bmiAThObGZQ